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Newsletter 01/2022 des Berliner Forums der Religionen


Liebe Abonnentin, lieber Abonnent,

"Wir können uns gegenseitig wunderbar bereichern und erfüllen, indem wir neugierig sind auf die anderen." So bringt Rabbinerin Gesa Ederberg das Besondere des interreligiösen Dialogs auf den Punkt (WeltBlick Nr. 3/2021).
Die Begriffe Respekt, Dialog und Zusammenhalt stehen nicht nur für die Ziele des Berliner Forums der Religionen, sondern bilden zugleich ihr Fundament. Deshalb hat sich unser Koordinierungskreis auch zu einer Stellungnahme gegen die Anlauf- und Dokumentationsstelle konfrontative Religionsbekundung entschlossen.

In diesem Newsletter finden Sie außerdem einen kurzen Rückblick und eine Vorschau auf die nächsten Veranstaltungen.

Das Team des Berliner Forums der Religionen

Stellungnahme

Respekt - Dialog - Zusammenhalt: Stellungnahme gegen die Anlauf- und Dokumentationsstelle konfrontative Religionsbekundung

Der Koordinierungskreis des Berliner Forums der Religionen hat sich einstimmig bei zwei Enthaltungen zur Veröffentlichung folgender Stellungnahme entschlossen, um die Perspektive religiöser Menschen stärker in die Diskussion über das Neuköllner Projekt einzubringen.

Respekt – Dialog – Zusammenhalt

Diese drei Begriffe stehen nicht nur für die Ziele unserer Arbeit, sondern sind gleichzeitig auch ihr Fundament. Seit 2014 engagiert sich das Berliner Forum der Religionen für den interreligiösen Dialog sowie den Austausch der Religionsgemeinschaften mit der Berliner Stadtgesellschaft. In unserem Selbstverständnis heißt es:

„Wer miteinander spricht, sich begegnet, gewinnt Wertschätzung und Respekt gegenüber dem Anderen, der anders glaubt.“

Bei uns heißt dies konkret: In unserem Koordinierungskreis, den Arbeitsgemeinschaften und Initiativkreisen begegnen sich regelmäßig Menschen aus über 20 verschiedenen Religionsgemeinschaften. Sie engagieren sich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Berlin und leisten einen Beitrag zum friedlichen Miteinander in unserer Stadt.

Rassismus – Denunziation - Zensur

Das Projekt „Anlauf- und Dokumentationsstelle konfrontative Religionsbekundung“ will religiös gedeutete Konflikte an Neuköllner Schulen durch das Lehrpersonal dokumentieren und fokussiert sich dabei stigmatisierend auf Schüler:innen muslimischen Glaubens. Dadurch werden bereits weit verbreitete antimuslimische Einstellungen gestärkt und antimuslimischer Rassismus gefördert. Auf die Bildungsarbeit in Moscheen und durch freie Initiativen (z. B. Deutsche Islam Akademie, Inssan, Juma, meet2respect, Violence Prevention Network, ufuq, KIgA) wird hingegen nicht eingegangen. So werden offensichtlich vorhandene Probleme wie religiöser Konformitätsdruck, Mobbing religiöser Minderheiten und andere Ausgrenzungen nicht angegangen, sondern eine Religionsgemeinschaft pauschal vorverurteilt.

Die geplante Dokumentationsstelle widerspricht unserem Selbstverständnis sowie den Zielsetzungen unserer Arbeit, Menschen unterschiedlichen Alters ein Kennenlernen und einen Austausch über ihre individuelle Religiosität zu ermöglichen. Wir haben durch unsere unterschiedlichen Dialogformate erfahren: Die menschliche Begegnung und ein respektvoller sowie offener Austausch vermindert Ängste, macht religiöse und weltanschauliche Diversität sichtbar, fordert zur eigenen Positionierung und Diskussion auf.

Werden im Kontext Schule Aussagen oder Konfliktsituationen lediglich aufgrund ihrer religiösen Konnotation an eine Registerstelle gemeldet, entsteht eine Kultur des Ausgrenzens, der Angst, Denunziation und Zensur. Weder die Lehrkräfte noch die Schüler:innen und ihre Erziehungsberechtigten setzen sich durch diese geplante Anlaufstelle konstruktiv mit Konfliktsituationen und religiösen Inhalten auseinander. In Schule (und Gesellschaft) geforderte Kompetenzen wie Perspektivwechsel, Empathie, Ambiguitätstoleranz und Konfliktmanagement bleiben auf der Strecke.

Wir unterstützen die unten verlinkte Stellungnahme „Es ist ja schon das Wort ´Allah`“, die auf präventive sowie pädagogische Maßnahmen verweist, welche Kinder und Jugendliche aufgrund ihrer Religiosität nicht vorverurteilen. Zudem verweist die Stellungnahme auf vielfältige professionelle und diversitätssensible Unterstützungsangebote in Berlin.

Wir leisten seit vielen Jahren unseren Beitrag u. a. durch unseren Initiativkreis „Dialog der Religionen für Kinder und Jugendliche“, der Schüler:innen durch vielfältige Angebote ein Kennenlernen der religiösen Vielfalt Berlins ermöglicht. Seit 2021 bieten wir für pädagogisches Personal unser Diversity-Training „Religiöse und weltanschauliche Vielfalt an Schulen gestalten“ an und sehen darin ein größeres Potential als die Errichtung einer Dokumentationsstelle, die allein schon durch ihren Namen Religion als Problem einstuft.

Der demographische Wandel zu einer ethnisch, kulturell und religiös vielfältigen Gesellschaft benötigt Offenheit und Anerkennung ebendieser Vielfalt. Es bedarf einer Haltung, die gelebte Toleranz und das friedvolle Miteinander aller Menschen bejaht. Wenn vor der Toleranz das Gespräch gesucht wird, werden sich neue Möglichkeiten eröffnen. Das Unbehagen vor dem Andersdenkenden wird kleiner werden und niemand muss sich davor fürchten zu zeigen, wer sie oder er ist.

Die Realität, in der wir alle – auch die Kinder und Jugendlichen – in Berlin leben, ist sichtbar (religiös) divers. Das Kennenlernen und Wertschätzen sowie der Umgang mit (religiöser) Pluralität befähigt Menschen ein verantwortlicher Teil der Gesellschaft zu sein.

Es ist uns ein zentrales Anliegen, Religion als eine wichtige Dimension von Mensch-sein in den Fokus unserer Arbeit zu stellen. Die geplante Anlaufstelle konfrontative Religionsbekundungen intendiert das Tabuisieren, Problematisieren und Exkludieren dieser Dimension im Kontext Schule und Bildung.

Koordinierungskreis des Berliner Forums der Religionen

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Link zur Stellungnahme „Was ist konfrontative Religionsbekundung? „Es ist ja schon das Wort ‚Allah‘".

Rückblick

Workshop Religion und Identität

Am 09.02.2022 fand der fünfte Workshop im Rahmen des Projekts "Demokratie, Religion und Vielfaltsdiskurse" (DeReV) statt, der gemeinsam von Minor – Projektkontor für Bildung und Forschung und dem Berliner Forum der Religionen organisiert wird.

17 Teilnehmer:innen tauschten sich in unterschiedlichen Formaten über Religion und Identität, besonders in trans- und interreligiösen Netzwerken aus.

Einerseits wurden Ergebnisse aus den Fachdebatten des Projektes in das Netzwerk des Berliner Forums getragen. Anderseits wurde darüber diskutiert, wie die Vielfalt religiöser Identitäten unsere Haltungen und Handlungen in einer (säkularen) Gesellschaft und in transreligiösen Kontexten prägt. Fragen, die uns bei dieser Auseinandersetzung interessierten, waren zum Beispiel:
  • Was sind (religiöse) Identitäten?
  • Wie beeinflussen religiöse Identitäten das Denken und Handeln in der Gesellschaft?
  • Welche Konflikte und Spannungen ergeben sich aus der eigenen (religiösen) Identität im Bezug zur (säkularen) Mehrheitsgesellschaft? Wie verhält es sich in transreligiösen Kontexten?
  • In welchen Zusammenhängen erleben Sie und erlebst du die eigene (religiöse) Identität innerhalb und außerhalb der Community als eine Ressource?
Belebende und inspirierende Ideen, Erfahrungen und Einschätzungen sorgten dafür, dass die zwei Stunden des Workshops wie im Fluge vergingen. Eine äußerst gelungene Fortsetzung des letzten Workshops zum Thema "Bildung, Lernen, Wissen" vom 19.08.2021.

Umgang mit Trauer und Tod in verschiedenen Kulturen: Planungstreffen

Trauer und Tod
Am 27.01.2022 trafen sich Menschen aus verschiedenen religiösen Traditionen mit Jala El Jazairi, Koordinatorin des Bereichs Interkulturelle Öffnung der Zentralen Anlaufstelle Hospiz - ZAH zur Planung einer Fachtagung.

Interreligiöse Fachtagung: Umgang mit Trauer und Tod in verschiedenen Kulturen

„Es sind die Lebenden, die den Toten die Augen schließen. Es sind die Toten, die den Lebenden die Augen öffnen.“ (Slawisches Sprichwort)

Interkulturelle Kompetenz und Öffnung sind nach wie vor dringende und aktuelle Themen, die auch in Berlin seit einigen Jahren angegangen werden. Es gibt eine Vielzahl von Fortbildungen für unterschiedliche Zielgruppen, seien es Kinder, Jugendliche oder Erwachsene. Insbesondere für Senioren*innen mit Migrationshintergrund sind einige Projekte im Pflegebereich angegangen worden.

In der Palliativ- und Hospizbegleitung wird der Mensch als Ganzes gesehen. Dieser Ansatz fordert Haupt- und Ehrenamtliche dazu auf, neben den medizinischen, psychologischen und sozialen Aspekten auch spirituell-religiöse Bedarfe ins Auge zu fassen. Ein professioneller Umgang mit Patienten*innen, ihren Familien und anderen Nahestehenden basiert idealerweise auf einer breit gefächerten Kenntnis zu Sterben, Trauer und Tod in den verschiedenen Religionen und Kulturen.

Die Zentrale Anlaufstelle Hospiz des Unionhilfswerks und das Berliner Forum der Religionen möchte sich diesem Thema mittels einer Fachtagung im August 2022 widmen. Primäre Zielgruppen sind Ärzten*innen, Hospiz- und Palliativ-Fachpersonal, aber auch religiöse Menschen.

Begleitung am Lebensende und Trauerbegleitung sollen mit vertiefenden Workshops die zentralen Inhalte der Fachtagung sein. Religiöse Menschen sowie Fachleute aus dem Hospiz- und Palliativbereich werden hierbei ihre Erfahrungen und Expertisen einbringen können.

Im Oktober 2020 hat sich das Berliner Forum der Religionen gemeinsam mit der Katholischen Akademie in Berlin dem Thema bereits mit Gesprächen zu Tod und Sterben angenähert.

Austausch mit angehenden Erzieher:innen: Workshops und Speed-Dating

Workshop

Diversity-Workshops in der Elisabeth-Schule

Um angehende Erzieher:innen für die Thematik „Religiöse und weltanschauliche Vielfalt“ zu sensibilisieren, fanden im Januar 2022 zwei Begegnungsformate mit dem Berliner Forum der Religionen sowie dem IK Direkiju statt. Am 12.1.2022 führten Nurcan Türkeli und Manuela Schwind ein Diversity-Training mit zwei Klassen der Elisabeth-Schulen in Schöneweide durch. Anhand einer Perspektivwechsel-Übung und durch kurze inhaltliche Inputs erfuhren die Studierenden, dass Religion und Weltanschauung eine wichtige Diversitätsdimension darstellen und mit welchen pädagogischen Handlungskonzepten sowie Materialien religiöse und weltanschauliche Vielfalt in Kitas und Schulen sichtbar gemacht und wertgeschätzt werden kann.

Im Dezember 2021 konnte der IK für 23 Jugendliche der Elisabeth-Schulen bereits eine Exkursion in ein buddhistisches Zentrum oganisieren.

Speed-Dating mit Studierenden der Evangelischen Hochschule

Mit Studierenden der Evangelischen Hochschule führten wir am 18.1.2022 von 9.30 – 11.30 Uhr ein interreligiöses digitales Speed-Dating durch. Die 30 Studierenden des Studiengangs Kindheitspädagogik wollten gern gemeinsam mit ihrer Dozentin und Mitglied des IKs Direkiju Ariane Feldhaus im Rahmen des Seminars „Religiöse Vielfalt im christlichen Kulturkreis“ die religiöse Diversität Berlins kennenlernen. Somit erfuhren sie in unserem digitalen Begegnungsraum nicht nur etwas von der Arbeit des Berliner Forums der Religionen sowie den Angeboten des IKs Direkiju, sondern kamen in jeweils 15minütigen Begegnungen ins Gespräch mit Peter Amsler (Bahai ), Fan-Hao Lam und Michael Bäumer (Buddhismus), Karl Schimkowski und Johannes Hartz (ISKCON), Ranjit P. Kaur (Sikh) sowie mit Manuela Schwind und Ariane Feldhaus (Themenschwerpunkt: interreligiöse Bildungsangebote).

Natürlich können die kurzen Gespräche nur einen kleinen Einblick in die jeweilige Religiosität und religiöse Gemeinschaft der Teilnehmenden geben. Das Feedback der Studierenden war jedoch trotz der Kürze sehr positiv. Dankbar und beeindruckt zeigten sie sich insbesondere aufgrund der offenen und persönlichen Einblicke, die ihnen von den Gesprächspartner:innen gewährt wurden und einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Viele freuen sich schon schon auf eine Fortsetzung des Austauschs – gern von Angesicht zu Angesicht.

Siegel für ausgezeichnetes Engagement

Siegel für ausgezeichnetes Engagement
GoVolunteer.com hat das Siegel für ausgezeichnetes Engagement 2022 an das Berliner Forum der Religionen verliehen.

Aus dem Verleihungstext:
"Das Berliner Forum der Religionen zeichnet sich durch hohe Qualität in der Betreuung von Ehrenamtlichen und eine bereichernde Gestaltung des Engagements aus. Deshalb empfiehlt GoVolunteer das Berliner Forum der Religionen mit Nachdruck als Einsatzort für alle Menschen, die einen ehrenamtlichen Beitrag in unserer Gesellschaft leisten möchten."

Die dazugehörigen Qualitätskriterien in der Arbeit mit ehrenamtlichen Helfer:innen sind nachzulesen unter https://blog.govolunteer.com/ausgezeichnetes-engagement/.

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt hatte am 27. Mai 2021 die Lange Nacht der Religionen als vorbildliches Projekt ausgezeichnet und dazu die Urkunde für Engagement und Zivilcourage übergeben. Wir berichteten in diesem Artikel darüber.

Vorschau

Haltung zeigen: Internationale Wochen gegen Rassismus 2022

Internationale Wochen gegen Rassismus
Die internationalen Wochen gegen Rassismus stehen dieses Jahr unter dem Motto Haltung zeigen.

An drei verschiedenen Orten in Pankow gehen Akteur:innen während der Wochen gegen Rassismus in den öffentlichen Raum, suchen das Gespräch und setzen ein klares Zeichen gegen rassistische Ausgrenzung. Wir stehen für eine vielfältige und demokratische Gesellschaft!

Begleitet werden die Aktionen vom „Roten Sofa“: Vertreter:innen verschiedener Religionen laden auf diesem Sofa ein zu Gesprächen und Debatten rund um interreligiöse Fragen, Unsicherheiten oder Ängste.

Ein weiteres Element ist ein 16 Quadratmeter umfassendes Tiny-House, das eine Ausstellung über die Vielfältigkeit in Berlin zeigt und zum Dialog einlädt.

Am 22. März wird das rote Sofa von 10:00-13:00 Uhr vor der Heinrich-Böll-Bibliothek in der Greifswalder Str. 87, 10409 Berlin, platziert. Und am Freitag, den 25. März, 10:00 bis 13:00 Uhr: Neben dem Wochenmarkt Breite Straße (13187 Berlin) zwischen Rathaus Pankow und der Ev. Pfarrkirche.

Weitere Infos auf der Seite von Pankow gegen Rassismus.

Internationale Wochen gegen Rassismus 2021: Bereits im letzten Jahr beteiligte sich das Berliner Forum der Religionen an den Gesprächen auf dem roten Sofa.

2. Multireligiöses Jugendfestival Berlin

Das zweite Festival soll in Präsenz voraussichtlich Ende Juni stattfinden. Zielgruppe sind junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren.
Zu den Planungstreffen sind alle jungen Menschen herzlich eingeladen. Bei Interesse bitte eine E-Mail schreiben an info@berliner-forum-religionen.de.
Das Berliner Forum der Religionen wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa.
Senatsverwaltung für Kultur und Europa
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