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Newsletter 04/2020 des Berliner Forums der Religionen


Liebe Abonnentin, lieber Abonnent,

im zweiten Hinterhof der Niederlassung unseres Büros befindet sich die baptistische Friedenskirche. Aktuell wirbt sie mit dem Spruch "Gottesdienst, der Abstand lässt und Raum gibt".
Wie gehen wir mit der jetzigen Situation um? Fühlen wir uns ohnmächtig oder finden wir kraft unseres Glaubens, unserer Religion einen Raum in uns, der uns Kraft gibt? Mahatma Gandhi führte die gewaltfreie Bewegung für die indische Unabhängigkeit
von der Kolonialherrschaft der Briten an, die trotz aller Widerstände
erfolgreich war. Seine Hoffnung schwankte nicht, denn sie gründete sich auf seinen unerschütterlichen Glauben an die Menschheit und ihre Fähigkeit zum Guten. Hoffnung in diesem Sinne ist also auch eine Entscheidung, die wir gegenseitig stärken können.

Mitte/Ende März 2020 führte das Berliner Forum der Religionen eine erste Umfrage zur religiösen Ausübung in der Zeit der Pandemie durch. Leitfrage war, wie sich die Religionspraxis mit den durch die Pandemie verursachten Beschränkungen verändert habe. Über 30 Gemeinschaften von Bahá’ís, Buddhisten, Christen, Hindus, Juden, Muslimen, Paganen und Sikhs beteiligten sich an der Umfrage (nachzulesen unter https://www.berliner-forum-religionen.de/religioese-ausuebung-in-der-zeit-der-pandemie/). In diesem Newsletter finden Sie den zweiten Teil der Umfrage. Möglicherweise erhalten Sie diese nochmals per E-Mail. Diese Doppelsendung bitten wir zu entschudligen.

Das Team des Berliner Forums der Religionen

Umfrage zur religiösen Ausübung in der Zeit der Pandemie, Teil 2

In den Medien wird aktuell die Frage gestellt, ob Religionen bzw. Religionsgemeinschaften überhaupt systemrelevant sind. Besonders das anfängliche Schweigen maßgeblicher Vertreterinnen und Vertreter der großen Religionsgemeinschaften in Deutschland wird im medialen Diskurs immer mal wieder als stilles Einverständnis in den Bedeutungsverlust von Religion per se gedeutet. Auch wird häufig bemängelt, dass der materialistische Blick auf die Körperlichkeit des Menschen durch die Wissenschaft seine seelisch-geistige Dimension ausblendet. Vermisst wird dabei nicht selten, dass sowohl individueller Glaube als auch das Gemeinschaftsleben den Menschen psychosozial stabil halten und so zur Resilienz in Zeiten der Pandemie beitragen. Grundlegende Werte wie Solidarität, Gemeinschaft und Miteinander stehen auf dem Prüfstand und das Verhältnis zwischen Religion und Wissenschaft steht vor einer neuen Ausbalancierung. Umso wichtiger ist es zu fragen: Welche Schlüsse ziehen wir aus unseren bisherigen Erfahrungen und Erkenntnissen als Religionsgemeinschaften, die wir in der Krise machen durften, und wie wirkt sich der Erkenntnisgewinn auf das gesellschaftliche Leben und auf unsere eigene religiöse Praxis aus?

Wir bitten Sie, unsere Fragen bis zum 21. Juni zu beantworten. Eine Auswertung unserer Umfragen, zum Teil auch mit Nennungen der mitwirkenden Gemeinschaften, wird in einen Sammelband der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) einfließen.
Hier nun unsere Fragen:
  • Rituelle Praxis
    Wie hat sich die rituelle Praxis in Ihrer Gemeinschaft verändert? Gab es mehr Teilnehmer an den gemeinsamen (Online-)Veranstaltungen oder hatten Sie einen Rücklauf gegenüber den vorherigen Präsenzveranstaltungen zu verzeichnen. Wie war die Entwicklung über die Wochen des Lockdowns hinweg?
  • Die individuelle Ebene
    In der Zeit des Lockdowns gab es mehr Zeit für persönliche Gebete und Meditationen. Wie sind die Mitglieder Ihrer Gemeinschaft damit umgegangen? Hat dies zu einer Vertiefung oder Schwächung des eigenen Glaubens geführt?
  • Die Kommunikation
    Die Nutzung digitaler Mittel (Video- und Telefonkonferenzen, Live-Übertragungen, E-Mails) hat in der Zeit der Pandemie stark zugenommen. Konnten Sie damit alle Mitglieder erreichen oder gab es eine Gruppe von Menschen, z. B. ältere, die mit diesen Medien nicht angesprochen werden konnten? Welche digitalen Medien haben sich bewährt?
  • Erkenntnisse und Entwicklungen
    Zum Anlass des Pfingstfestes hat Papst Franziskus dazu aufgerufen, die Corona-Pandemie als Wende zum Besseren zu nutzen. Welche Schlüsse ziehen Sie persönlich und für Ihre Gemeinschaft aus dieser Zeit der Einschränkungen? Wie können wir aus der Bedrängnis eine bessere Zukunft entwickeln – und auch den eigenen Glauben und unsere Glaubensgemeinschaften ggf. neu gestalten?
Wir freuen uns auf Ihre Antworten an michael.baeumer@berliner-forum-religionen.de!

1. Rückblick

Interreligiöser Appell

Interreligiöser Appell zum Offenen Brief vom 21. April 2020 mit der Forderung „Berliner Landesaufnahmeprogramm für Geflüchtete JETZT“

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Michael Müller,
sehr geehrter Herr Innensenator Andreas Geisel,
sehr geehrte Vorsitzende der Fraktionen von SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP im Berliner Abgeordnetenhaus,

Wichtige religiöse Feste liegen hinter uns. Wir haben Pessach, Ostern, Baisakhi, Ridvan und Vesakh unter sehr ungewohnten Bedingungen gefeiert. Der Abschluss des Fastenmonats Ramadan steht bevor. Viele Menschen hat gerade in dieser Zeit das Schicksal der Geflüchteten bewegt, die in den Lagern auf den griechischen Inseln unter widrigsten Bedingungen ausharren müssen und keine Möglichkeiten haben, sich ausreichend vor einer Infizierung mit dem Corona-Virus zu schützen. Schon vor Beginn der Pandemie waren die Bedingungen in den Lagern unmenschlich. Die Menschen harren zu Tausenden in einfachen Zelten und unter Plastikplanen in den völlig überfüllten Lagern aus. Viel zu lange sieht Europa untätig zu und überlässt die Menschen ihrem Schicksal.

Gerade in der Corona-Pandemie sehen wir, wie unermesslich wertvoll es ist, als Menschen solidarisch zusammenzustehen, einander zu helfen und Bedingungen zu schaffen, unter denen wir gemeinsam diese Krise bewältigen können, ohne die Schwächsten in unserer Gesellschaft achtlos zurückzulassen. Die Werte der Solidarität, der Achtung und des Schutzes der Menschenwürde jeder und jedes Einzelnen und der Einsatz für die Menschen, die auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind, machen uns als Gesellschaft stark und bilden ein einigendes Band. Diese Werte leben und stärken wir tagtäglich in unseren Gemeinden und dies über Konfessionen und Religionen hinweg. Umso schmerzlicher ist es zu sehen, dass trotz des Engagements vieler Gemeinden und der Aufnahmebereitschaft vieler Städte und Kommunen unsere gemeinsamen Werte den Geflüchteten auf den griechischen Inseln nicht zuteil werden.

Der Offene Brief verschiedenster Berliner zivilgesellschaftlicher Organisationen vom 21. April 2020 mit der Forderung nach einem „Berliner Landesaufnahmeprogramm für Geflüchtete JETZT“ findet unsere uneingeschränkte Unterstützung.

Wir haben ihn in der letzten Sitzung des Koordinierungskreises des Berliner Forums der Religionen beraten. Der Koordinierungskreis repräsentiert die religiöse Vielfalt des Berliner Forums der Religionen. Als Teil der Zivilgesellschaft sind wir mehrheitlich bereit, die Aufnahme von Geflüchteten in Berlin zu begleiten und zu unterstützen.

Koordinierungskreis des Berliner Forums der Religionen

Appell als PDF, Offener Brief als PDF

Gebet für mehr Miteinander in Corona-Zeiten

Die Corona-Pandemie hat die Verletzlichkeit von uns Menschen deutlich gemacht. Der Virus kennt keine Unterschiede, nicht der Herkunft, der Nationalität, des Vermögens oder der Religion. Der "Hohe Ausschuss für die menschliche Brüderlichkeit" (Higher Committee on Human Fraternity, HCHF) hat daher für den 14. Mai 2020 um 14 Uhr Angehörige aller Weltreligionen zum gemeinsamen Gebet für die von der Krise Betroffenen und für den Zusammenhalt unter den Menschen aufgerufen.

Gemeinsam mit Bischof Christian Stäblein, weiteren Vertreterinnen und Vertretern der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (EKBO) sowie dem Berliner Forum der Religionen will das House of One in einem multireligiösen Gebet ein Zeichen der Gemeinsamkeit, der Geschwisterlichkeit setzen. "Wir stehen zusammen und gedenken der vielen Toten, die wegen Covid 19 gestorben sind. Wir bitten Gott um sein Erinnern, dass alle einen Ort bei Ihm haben", sagte Bischof Stäblein.

Mitwirkende: Rabbiner Nachama, Imam Sanci, Pf. Hohberg, Esther Hirsch, Pfarrerin Zisselsberger, Pfarrer Goetze, Bernd Streich, Amill Gorgis, Imam Sabri, Iman A. Reimann, Ranjit P. Kaur, Dr. Michael Bäumer und Bischof Dr. Christian Stäblein.

Video und Bilder dazu unter https://www.berliner-forum-religionen.de/gebet-fuer-mehr-miteinander-in-corona-zeiten/.
Multireligiöses Gebet

Grußbotschaften zu religiösen Feiertagen

Anfang April haben wir mit der Produktion und Veröffentlichung von Videobotschaften zu religiösen Feiertagen begonnen und werden dies auch weiterführen.
Bisher sind Grüße erschienen zu Pessach, Ostern, Baisakhi, Ridvan, Ramadan, Hidrellez, Vesakh, Schawuoth und Pfingsten, gesprochen von Menschen aus ihrer je eigenen Tradition. Alle Botschaften finden Sie auf unserer Website (https://www.berliner-forum-religionen.de/).
Pfarrer Martin Germer von der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche hat speziell zum Ramadan seine Segenswünsche an die muslimischen Freundinnen und Freunde ausgedrückt, die wir hier abdrucken.

Segenswünsche zum Ramadan von Pfarrer Martin Germer

Liebe muslimische Freudinnen und Freunde von der Dar-as-Salam-Moschee und darüber hinaus,

ich sende euch und Ihnen herzliche Segenswünsche zum heute beginnenden Ramadan. Möge die Fastenzeit euch so in eurem Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes und in eurer Verbundenheit untereinander bestärken, wie auch wir das gerade in der Karwoche und beim Osterfest in vielfältiger Weise erfahren durften, trotz der besonderen Umstände und gerade auch in den Herausforderungen dieser Tage. Für uns alle gemeinsam hat die Fürsorge für die uns anvertrauten Menschen und ihre Gesundheit oberste Priorität. Wir suchen nach Wegen, wie wir dies beachten und gleichwohl Gemeinschaft im Glauben und im Gebet erfahren können. Ich wünsche euch, dass ihr darin genauso wie wir alle mögliche Unterstützung erfahrt durch öffentliche Stellen und durch Medien. Und dass die bösen Stimmen, die ihr zum Teil auch schon erfahren musstet in den zurückliegenden Tagen, möglichst wenig Resonanz finden bei anderen. Vor allem mögen die Zeichen der Verbundenheit für euch selbst und in euren Herzen klar überwiegen!

In unserer Kirche halten wir an jedem Abend Fürbitten, zwei Personen, stellvertretend für die Gemeinde. Heute Abend werden wir besonders für euch und für alle die muslimischen Gemeinden und Gruppen beten, die sich für ein gutes gesellschaftliches Miteinander einsetzen und die auch in diesem Sinne nun den Ramadan begehen werden. Und dies werden wir sicherlich auch in den nächsten Tagen immer wieder tun. Ich werde dies in dem Newsletter, den wir jeden Freitag versenden, auch den Mitgliedern, den Freundinnen und Freunden unserer Gemeinde schreiben. So sind wir, auch wenn eine direkte Begegnung einstweilen noch nicht möglich sein dürfte, doch auf diese Weise verbunden.

Ich habe dabei das Bibelwort im Sinn, das uns durch den demnächst beginnenden Monat Mai begleiten soll:

„Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat!“ (1. Petrusbrief 4,10)

Das wurde den frühen Christinnen und Christen geschrieben in einer Zeit großer Bedrängnis, aufgrund zunehmender Christenverfolgungen im damaligen römischen Reich. Umso mehr konnten sie der Gnade Gottes vertrauen – in all ihren verschiedenen Ausdrucksformen – und aus dem heraus leben, was ihnen anvertraut war. Solche stärkenden Erfahrungen wünsche ich auch uns heute – und heute besonders euch.

Friede sei mit euch!

Martin Germer

Zum Tod von Jutta Becker

Jutta Becker
Sehr geehrte, liebe Mitwirkende im Raum der Stille,

herzliches Beileid zum Tod von Pfarrerin Jutta Becker!

Wir danken für ihr langjähriges, zuverlässiges Engagement für Verständigung und Zusammenarbeit der Gläubigen aus den verschiedenen Religionsgemeinschaften in Berlin.

Wir erinnern uns an viele gemeinsame Sitzungen, in denen sie engagiert und mit Liebe zu den kleinen und großen Religionsgemeinschaften in der Stadt ihre Ideen und konkrete Vorschläge zur Gestaltung der Langen Nacht der Religionen in Berlin seit deren Entstehung einbrachte.

Auch in den Jahren ihrer Krankheit blieb sie dem Einsatz für gemeinsame Initiativen der Religionen treu, wie wir es noch im vergangenen Jahr beim interreligiösen Friedensgebet im Raum der Stille und bei der beeindruckenden Feier zum 25-jährigen Jubiläum des Raums der Stille mit ihr zusammen erleben durften.

Wir vertrauen mit ihr darauf, dass es ein Leben jenseits dieser irdischen Existenz mit Krankheit, Leid und Schmerzen gibt und werden ihr ein ehrendes Gedenken in unserer Mitte des Berliner Forums der Religionen und des Initiativkreises der Langen Nacht der Religionen bewahren.

Im Namen des Berliner Forums der Religionen

Resilienzfaktor Religion

Leserbrief zu "An der Frontlinie. Die Religionen als Hotspots der Pandemie" von Kerstin Holm, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2 April 2020, Feuilleton, Seite 13


Resilienzfaktor Religion
Die Einschätzung greift zu kurz, Religionen hätten sich als „Superverbreiter“ der gegenwärtigen Corona-Pandemie erwiesen. Zwar beruht Glaube auf Gemeinschaft, das gilt aber für viele weitere Lebensbereiche wie Sport, Kultur oder Bildung im Wesentlichen genauso. Niemand hält aber Opernhäuser, Schulen oder Fußballvereine für besondere Orte der Verbreitung, zumindest nicht mehr oder weniger als andere Orte der Begegnung auch, allenthalben wird der gegenwärtigen Ausfall dieser Gemeinschaftserlebnisse sogar bedauert.
Wenn Ihre Autorin nun aber gerade eine obskure Sekte aus Südkorea, orthodoxe Juden und Christen sowie Muslime aus dem Iran und Pakistan als besonders renitente, uneinsichtige Gemeinschaften darstellt, verzerrt sie das Bild von der Rolle der Religionen bei gesellschaftlicher Krisenbewältigung im Allgemeinen und während der derzeitigen Corona-Pandemie im Besonderen.
Darstellungen von Religionen in der Öffentlichkeit kranken häufig an einem nicht-definierten Religionsbegriff. Es ist nämlich ein Unterschied, ob Religionen als Phänomene eines individuellen Glaubens an eine transzendente Wirklichkeitserfahrung, als geschichtlich gewachsene, zumeist von Menschen gemachte Traditionen in Lehre und Praxis oder als ein gemeinsamer geistiger Urgrund der Menschheit offenbarter Schriften und Worte zu verstehen sind.
In diesem Zusammenhang sind die Ergebnisse einer jüngsten Umfrage des Berliner Forums der Religionen, einer religionsübergreifenden Arbeits- und Begegnungsplattform, unter Bahá’í, Buddhisten, Christen, Hindus, Juden, Muslime, Pagane, Sikhs sowie anderen interessant. Ungeachtet der Frage, inwieweit der durch die gegenwärtigen Maßnahmen zum Seuchenschutz verursachte Grundrechtseingriff in das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit sachlich begründet, verhältnismäßig und mit Artikel 28 des Infektionsschutzgesetzes in Einklang steht, wollte das Berliner Forum der Religionen in Erfahrung bringen, inwieweit die Religionsgemeinschaften in Berlin der ihren Religionen größerenteils inhärenten Notwendigkeit nach Gemeinschaftsbildung nachkommen können. Mit der Aussage „Wir möchten voneinander lernen, wie in Zeiten physischer Trennung dennoch religiöse Gemeinschaft gepflegt werden kann“ wurde den beim Forum gelisteten Kontaktpersonen der Religionsgemeinschaften Fragen vorgelegt.
Überraschend ist, dass die notgedrungen derzeit rein individuelle religiöse Praxis häufig als positiv empfunden wird. Für einige der Befragten ist partieller Rückzug ins eigene forum internum ohnehin Teil ihres religiösen Lebens, andere machen derzeit ganz neue, wohltuende Erfahrungen bei der Suche nach einer eigenen, glaubwürdigen Gebetspraxis. So sind für Ritualgebete im Islam und im Bahá’ítum, Meditationen im Buddhismus und Hinduismus oder für die zahlreichen Gebetspraxen in Judentum und Christentum nämlich keinerlei Gemeinschaft notwendig. Die Befragten erleben ihr derzeitiges religiöses Leben trotz Kontaktsperren und Versammlungsverboten als intensiv. Sie fokussieren sich auf das Wesentliche ihres Lebens und schaffen sich innere Freiräume. So ist zu vermuten, dass Gebet und Meditation zu Ausgeglichenheit und Zuversicht führt und in der Folge - und im Gegensatz zur unentrinnbaren Nachrichtenlage - die psychische Widerstandsfähigkeit fördert.
Die Gemeinschaft der Gläubigen wird laut Umfrageergebnisse des Berliner Forums der Religionen zwar vermisst, zumal das vielen Religionen immanente gemeinwohlorientierte, sozial-karitative Tun auf Kooperation abgestellt ist, was bis hin zum rituellen Gemeinschaftsessen bei den Sikhs reicht, das derzeit nicht durchgeführt werden darf. Auch ist der Verlust an Spendengeldern, die üblicherweise bei Veranstaltungen gegeben werden, nicht unerheblich. Mangelnde Gemeinschaftserlebnisse werden jedoch kreativ mittels Videoübertragungen und Videokonferenzen, Messengerdiensten oder anderen digitalen Plattformen kompensiert, dies auch über den eigenen Sprengel hinweg. Viele Gemeinden haben dafür technisch auf- oder nachgerüstet und sich das notwendige Know-How angeeignet. Obgleich besonders ältere, eher technikferne Menschen an diesen Angeboten weniger als ihre internetaffinen jüngeren Mitgläubigen teilhaben können, werden - so viel lässt sich jetzt schon sagen - viele Gemeinden diese Zeit der Einkehr und Entschleunigung nicht allein negativ in Erinnerung behalten.

Peter Amsler

Anmerkung: Peter Amsler ist Mitglied des Berliner Forums der Religionen.

2. Ausblick

Religion, Geschlecht und Sexualität. Queere Stimmen aus jüdischen und christlichen Perspektiven

Queertheologische und ‑aktivistische Bewegungen sind seit geraumer Zeit Bestandteil des religiösen Feldes. Auf jüdische und christliche LGBTQI*-Gemeinschaften wirken sie ebenso ein, wie sie aus diesen hervorgehen. Die strukturelle Marginalisierung der Angehörigen dieser Gemeinschaften einerseits und dagegenwirkende befreiungstheologische Überlegungen andererseits wirken diskursbildend in der zeitgenössischen queeren Theologie.
Die Episode „Queere Stimmen aus jüdischen und christlichen Perspektiven“ im Rahmen der Podcast-Reihe „Religion, Geschlecht und Sexualität“ der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit mit dem Berliner Forum der Religionen knüpft hieran an:
Wie integrieren jüdische und christliche Gemeinschaften lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Personen? Und wie beziehen, umgekehrt, Diskurse der LGBTQI*-Communities religiöse Perspektiven ein? Wie positionieren sich jüdische und christliche Institutionen zu queeren Lesarten ihrer zentralen Texte und Traditionen? Und welche Rolle spielen heteronormative Strukturen in diesen Prozessen?
Diese und weitere Fragen werden im Rahmen eines Podcasts mit jüdischen und christlichen Akteur*innen und Religionswissenschaftler*innen thematisiert.
Der Podcast ist am 22. Juni um 18 Uhr an auf dem YouTube-Kanal der Freien Universität unter dem Reiter “Videos” abrufbar: https://www.youtube.com/channel/UChGMnECSItBUYZH1YIXLj‑w.
Möglicherweise ändert sich der Link. Aktualisierungen finden Sie auf der Website zur Podcastreihe “Religion, Geschlecht und Sexualität”.

Mehr als eine Kopftuchdebatte? Das Berliner Neutralitätsgesetz

4. Interreligiöses Abendforum

Kaum ein Gesetz sorgt in Berlin für so hitzige Debatten wie das Neutralitätsgesetz. Ein unzulässiger Eingriff in die Religionsfreiheit, der muslimische Frauen aufgrund ihres Kopftuchs diskriminiert, argumentieren die einen. Ein notwendiger Schritt, um staatliche Neutralität zu gewährleisten, den Schulfrieden zu wahren und muslimische Mädchen zu schützen, entgegnen die anderen. Während ein juristisches Gutachten im Auftrag der Bildungssenatorin das Gesetz als verfassungskonform stützt, sprach das Landesarbeitsgericht einer Muslimin, die wegen ihres Kopftuchs nicht in den Schuldienst übernommen wurde, eine Entschädigung zu. Welche politischen und juristischen Argumente stecken hinter dieser polarisierenden Debatte? Inwiefern trägt das Gesetz zur Wahrung weltanschaulich-religiöser Neutralität bei, inwiefern führt es zu einseitiger Diskriminierung? Welche Folgen hat es für den Alltag an Schulen und für die Berufsperspektiven muslimischer Frauen?
Dieser Abend ist Teil einer Veranstaltungsreihe der Evangelischen Akademie zu Berlin in Kooperation mit dem Berliner Forum der Religionen. Gemeinsam mit Vertreter*innen aus Wissenschaft, Politik und Religionsgemeinschaften diskutieren wir in dieser Reihe über aktuelle religionspolitische Fragen und Herausforderungen religiöser Gemeinschaften in der Hauptstadt.

Das detaillierte Programm finden Sie in Kürze auf unserer Homepage.

Termin: 27.08.2020, 19:00-20:15 Uhr
Ort: Online über Zoom (Webinar)

Virtuelle Lange Nacht der Religionen

Am 12.09.2020 wird die virtuelle Lange Nacht der Religionen stattfinden. Die Planungen dazu sind in vollem Gange.
Informationen dazu finden Sie in Kürze auf unserer Website und unter http://nachtderreligionen.de/.
Das Berliner Forum der Religionen wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa.
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Es grüßt Sie herzlich das Team des Berliner Forums der Religionen.
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