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Newsletter 05/2019 des Berliner Forums der Religionen


Liebe Abonnentin, lieber Abonnent,

im August wurde der 10. Weltkongress von Religions for Peace abgehalten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte in seiner Eröffnungsrede: "Wir mögen unterschiedlich sein in unserem Glauben. Vereinen muss uns die gemeinsame Haltung: Religion darf niemals Rechtfertigung von Hass und Gewalt sein."
Der Interreligiöse Dialog Charlottenburg-Wilmersdorf und das Berliner Forum der Religionen haben zeitgleich zum Kongress in Lindau drei erfolgreiche interreligiöse Abende in Charlottenburger und Wilmersdorfer Nachbarschaftszentren ausgerichtet.

Werfen Sie einen Blick auf unsere Rückschau und freuen Sie sich auf bevorstehende Events.

1. Rückschau

34. Berliner Sommer-Uni

Erstmals war das Berliner Forum der Religionen am 27.08.2019 zur Berliner Sommer-Uni eingeladen. Zum Thementag „Interkulturelle Kommunikation und Medien“ stellte Michael Bäumer die vielfältigen Aktivitäten des Forums vor, während Thomas Schimmel vertiefend auf die Bedeutung der Langen Nacht der Religionen einging.
Mehr als 50 ältere Gäste verfolgten die Darstellungen interessiert und ließen durch ihre Anmerkungen und Fragen eine lebendige Atmosphäre entstehen. Die ausgelegten "Facon"-Bücher des Forums wurden dankend angenommen.

Das unterschätzte Potential: Frauen als Friedensstifterinnen in den Religionen

Marina Bäumer (Soka Gakkai International Deutschland), Christine Buchholz (Religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag), Prof. Annette Kreutziger-Herr (Christliche Wissenschaft), Prof. em. Angela Mickley und Iman Andrea Reimann (Deutsches Muslimisches Zentrum) diskutierten am 22.08.2019 über dieses Thema unter der lebendigen Moderation von Dr. Thomas Schimmel.

In ihrem einleitenden Vortrag schöpfte Prof. Mickley aus ihrem reichhaltigen Fundus als Friedensforscherin und Mediatorin. Konkret berichtete sie von ihren Erfahrungen in Nordirland Ende der 70er Jahre, wo sie verfeindete Entscheidungsträger zusammenbringen und in ihnen die Erkenntnis reifen lassen konnte, dass es gemeinsame Werte gibt. Beeindruckend war ihre Schilderung von Frauen, die die aggressive Akzeptanz von Gewaltanwendung nicht mehr ertragen konnten und sich wünschten, dass sich ihre Kinder sorglos bewegen können. Diese Frauen gingen auf die Straße und haben – ganz wichtig – die Stimmung im Land verändert.

In der Diskussionrunde stellte Marina Bäumer die Soka Gakkai als reine Laienorganisation vor, in der sie gelernt habe Autoritäten nicht zu folgen, wenn diese die Würde des Lebens missachten. Ziel der Ausübung sei die menschliche Revolution. Durch das Chanten gelinge es, den Buddha in jedem Menschen zu entdecken. Jeder Mensch sei mit dem Wunsch nach Frieden geboren – nur müsse man sich gegenseitig daran erinnern. Bei Frauen erkennt sie, dass diese leichter Beziehungen aufbauen können.

Annette Kreutziger-Herr verwies auf den spirituellen Kern in jedem Menschen, der sich durch das alltägliche Leben ausdrücke. Im Berliner Forum der Religionen spüre sie diese Herz-zu-Herz-Beziehung. Auch die Christliche Wissenschaft kommt ohne Priesterschaft aus, konzentriert sich auf eine Veränderung des Denkens und das von Mary Baker Eddy gelehrte christliche Heilen. Daraus entstehe ein tiefes Vertrauen in die Menschen selbst. Eine Unterscheidung zwischen Frauen und Männern sei auch in ihrer Gemeinschaft kein Thema.

Iman Andrea Reimann steht dem Deutschen Muslimischen Zentrum vor, das 1989 aufgrund des Bedarfs nach deutschsprachiger muslimischer Arbeit gegründet wurde. Als besonderen Service für Frauen hob sie hervor, dass diese sich jederzeit z. B. mit familiären Problemen an die Gemeinschaft wenden können. Grundsätzlich herrsche ein gutes Miteinander von Frauen und Männern. Das DMZ sieht sie als Brückenbauerin in die Gesellschaft.

Christine Buchholz betonte aus politischer Sicht, dass Frauen nicht per se friedlicher seien. Allerdings sei die Rolle von Frauen in Friedensprozessen sehr fruchtbar, wenn deren Erfahrungen mit einbezogen werden.

In der Abschlussrunde wurde auf spezifisch weibliche Herangehensweisen eingegangen. Diese setzen schneller um und versachlichen weniger. Wichtig sei, dass Frauen ihren Selbstwert erkennen, ihre Rechte annehmen und nicht erst von Männern einfordern. Eine Gesellschaft kann sich nur entwickeln, wenn sich alle entwickeln.

Wie auch die vorangehenden Abend schloss dieser mit vielen lebhaften Gesprächen bei Speis und Trank.
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Religion und Politik: Religionspolitik in der Zuwanderungsgesellschaft

Der zweite Abend der Veranstaltungsreihe „Interreligiös für Frieden“ stand unter dem Thema „Religion und Politik: Religionspolitik in der Zuwanderungsgesellschaft“.

Moderator Thomas Schimmel ging in seiner Einleitung auf die Geschichte Deutschlands als Einwanderungsland ein, ehe er das Mikrofon an die Soziologin und Anthropologin Hanna Berg weitergab. Hanna Bergs qualitative Feldforschung basiert auf der Studie „Multireligious Approach to Integration“, die von Majbritt Lyck-Bowen (Center of Religion, Reconciliation and Peace, University of Winchester) durchgeführt wurde. Das entsprechende Handbuch kann unter https://ecrl.eu/wp-content/uploads/Multi-ReligiousApproachestoIntegration.pdf heruntergeladen werden.

In ihrem Vortrag beschrieb sie Integration als einen Prozess, der mit einer Baumverpflanzung vergleichbar ist: Solch ein Baum muss sich mit zwei verschiedenen Erdböden „anfreunden“. Aus Sicht der Integrationsdienste in Schweden, Polen, Großbritannien und Deutschland, die an der Fallstudie teilnahmen, werden durch den multireligiösen Ansatz durchaus Vorteile generiert: ein größeres Verständnis der Bedürfe der Migranten, besseres Kennenlernen der gastgebenden Gemeinschaft durch die Migranten sowie ein klareres Verständnis der Rolle der Religion auf Migrantenseite. Werden diese positiven Ergebnisse auch von den Migranten so wahrgenommen? Hanna Berg ging dieser Frage mit Interviews in Goda Grannar („Gute Nachbarn“) nach, einer Einrichtung, die sich im Zentrum Stockholms zwischen Kirche und Moschee befindet. Die Ergebnisse zeigten eine große Übereinstimmung mit der Einschätzung der Integrationsdienste. Besonders hervorgehoben wurde, dass alle Migranten unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit gleichwertig behandelt wurden. Eine Mehrheit konnte durch das Projekt Freundschaften außerhalb der eigenen Gruppe knüpfen. Eine stärkere Unterstützung wird jedoch bei der Integration in den Arbeitsmarkt gewünscht.
Dieses Projekt war auf die Kooperation zwischen der Svenska Kyrkan in Södermalm, Stockholms Moské und Islamic Relief beschränkt. Weitere Studien auch mit anderer Beteiligung sollen folgen.

In seiner Replik korrigierte Leon Godeffroy zunächst das vorherrschende Bild von Charlottenburg. Entgegen der Annahme einer gutsituierten Bevölkerung handelt es sich um einen sehr vielfältigen Bezirk mit 40% Migrationshintergrund. Man dürfe nicht dem Fehler verfallen, dass jeder Migrant einen religiösen Hintergrund habe. Religion sei nur Teil einer Identität, wenn überhaupt. Auch sei es ein Fehler, nicht-christliche Religionsgemeinschaften generell als Ziel der Integration zu betrachten. So sind beispielsweise alle Mitglieder der Seituna-Moschee in Berlin aufgewachsen.
Dem Interreligiösen Dialog Charlottenburg-Wilmersdorf gelinge es gegenseitig Ressourcen freizusetzen. Eine Aufgabe der Integrationspolitik bestehe in der Schaffung eines gleichberechtigten Zugangs zu Ressourcen. Die Kirchen haben beispielsweise den Umgang mit Ämtern auch zur Akquise von Finanzen professionalisiert – davon können kleinere Gemeinschaften lernen.
Als 2015 sehr viele geflüchtete Menschen nach Berlin kamen, war das Land strukturell überfordert. Stattdessen haben zivilgesellschaftliche und religiöse Organisationen haupt- und vor allem ehrenamtlich sehr viel geleistet.
Auf eine Frage aus dem Publikum nach einem Beispiel multireligiöser Zusammenarbeit in Berlin wurde das christlich-muslimische Seelsorgetelefon hervorgehoben.

Ein besonderer Dank gebührt wie gestern schon den ehrenamtlichen Unterstützern der Veranstaltung sowie Annette Kreutziger-Herr für ihre Übersetzung. Die 40 Teilnehmer tauschten sich am Ende noch in lockerer Atmosphäre lebhaft aus.

Leon Godeffroy, Hanna Berg, Thomas Schimmel, Annette Kreutziger-Herr

Sind Religionen (wirklich) ein Schlüssel zum Frieden? Religiöse Menschen im Gespräch

Unter der Leitung von Dr. Thomas Schimmel diskutierten am 20.08.2019 im Haus der Nachbarschafft Reinhard Fischer (Ev. Luisenkirche), Karim Gouider (Seituna Kulturverein e.V.), Johann Margulies (Jüdische Gemeinde zu Berlin / Synagoge Pestalozzistraße), Reinhard Naumann (Bezirksbürgermeister Charlottenburg-Wilmersdorf) und Petra-Beate Schildbach (Arbeitskreis der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Berlin / Sufi-Bewegung) über dieses Thema.

Eingeladen dazu hatten der IRD Charlottenburg-Wilmersdorf und das Berliner Forum der Religionen. Nach Grußworten der Gastgeber Adam Naber (Haus der Nachbarschafft), Frank Vöhler (IRD) und Michael Bäumer (Berliner Forum der Religionen) antworteten die Diskutierenden zunächst auf die Frage, was für sie persönlich Religiosität bedeutet. Religiosität wird zum einen als Glaube und Kompass oder als Einbindung in etwas Größeres wahrgenommen, die sich im täglichen Leben zeigen soll. Zum anderen wurde die Bedeutung der Kenntnis der eigenen Religion und deren ethischer Grundsätze hervorgehoben.

Religiosität trage zum Frieden bei, wenn ich selber ein „gesundes“ Herz habe. Spüre ich die Quelle des Friedens in mir, bin ich selber friedfertig? Eine wichtige Fragestellung, denn ich wirke auf Andere und Andere wirken auf mich. Frieden sei nicht ohne Gerechtigkeit und Liebe denkbar, Schwerter müssten zu Pflugscharen umgewandelt werden. Anerkannt wurde, dass Religionen ein Schlüssel neben anderen zum Frieden sind.

Entscheidende Bedeutung komme dem Dialog bei, der den Vor-Urteilen als Brückenbau gegenseitigen Respekt und Liebe entgegensetze und so zu mehr Frieden in uns selbst und der Gesellschaft beitrage.

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DiReKiJu

Unser Initiativkreis "Dialog der Religionen für Kinder und Jugendliche" hat nun eine eigenständige Website: http://direkiju.de.

2. Vorschau

Interkulturelles und interreligiöses Kinder- und Jugendfest


Am 20.09.2019 von 14.30-17.00 Uhr findet auf dem Hohenstaufenplatz in Kreuzberg das vom Initiativkreis Dialog der Religionen für Kinder und Jugendliche (Berliner Forum der Religionen) ausgerichtete interkulturelle und interreligiöse Kinder- und Jugendfest statt. Unter dem Motto „Komm‘ und Staune – Spaß und Glaube“ laden wir Sie herzlich zu einem nachbarschaftlichen Begegnen und Kennenlernen ein. Das Kinder- und Jugendfest bildet den festlichen Abschluss der interreligiösen Begegnungstage Und was glauben die Nachbarn? des Graefekiezes.
Im Rahmen unseres kreativen Programmes können Kinder Aspekte des Interreligiösen Dialog spielerisch entdecken. Auf der Bühne wird es bunte Performances mit Kindern für Kinder und Erwachsene geben und auf dem Platz erwarten Sie verschiedene Festaktionen zum Mitmachen und Spaß haben.
Kuchen, Kaffee und Mango Lassi dürfen dabei nicht fehlen.
Das Fest möchte Raum für interessante Gespräche und interaktiven Austausch bieten. Die Kinder unserer vielfältigen Gemeinden werden mit einem kulturellen Programm überraschen. Dazu gehören
Festaktionen
  • multireligiöses Tandem von meet2respect
  • buddhistische Glitzermeditation mit Friederike von Born-Fallois von Rigpa e.V.,
  • Tipi von Antje Lencer
  • schiitische Pfadfindergruppe
  • Elemente-Ritual für Kinder, ausgerichtet von Paganes Leben Berlin e.V.
Bühnenprogramm
  • Musik der Religionen unter der Leitung von Holger Budig
  • Kita-Chor der St. Christophorus Gemeinde
  • „Disku-Tiere“: Tanztiergedicht von Käthe Kopf, Bühnenrequisite Lena Kiss
  • Kids Saz-Ensemble der Alevitischen Gemeinde
  • Bhangra-Tanz von Ishvary Dynasty
  • Trommelworkshop, angeleitet durch Gabi Hoppe von der ufa Fabrik
Aktionstische
  • Speckstein schleifen mit Peter Amsler von den Bahaì
  • Khamsa Magnete basteln mit Odelia Orgu
  • interkulinarisches Memory mit Reinhard Kees vom Interkulturellen Zentrum Genezareth
  • Gebetshäuser basteln und Buttons herstellen mit Fereshta Ludin und Andrea Kaiser
  • interaktive Schminkaktion „Spiegel der Erkenntnis“ mit Özlem Ögütcü
  • Hennamalerei
  • Segenszeichen auftragen durch ISKCON Berlin.
Umringt von Seifenblasen, Luftballons und tollen auditiven, visuellen, kulinarischen und interaktiven Eindrücken können Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene Aspekte des interkulturellen und interreligiösen Dialoges spielerisch entdecken.
Der Initiativkreis besteht aus Vertreter*innen unterschiedlicher Religionen, die vornehmlich im Erziehungs- und Bildungsbereich sowie als Engagierte in der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind.

SAVE THE DATE: Jahreskonferenz

Welche Herausforderungen und Chancen bieten die neuen Medien religiösen Gemeinschaften? Wie stellen sie sich selbst in den neuen Medien dar und wie werden sie von außen dargestellt?
Auf seiner Jahreskonferenz am 21. November 2019 wird das Berliner Forum der Religionen diese Fragestellungen mit religiösen Akteuren diskutieren und die Ratschläge von Experten einholen. Freuen Sie sich auf eine inspirierende Veranstaltung, die um 17:00 Uhr beginnt.
Eine Einladung mit Anmeldeformular wird folgen.

In eigener Sache

Das Berliner Forum der Religionen sucht zum 1. Oktober 2019, spätestens aber zum 1. Januar 2020 neue Geschäftsräume.
Wir benötigen eine Fläche von mindestens 50qm zu einem maximalen Mietpreis von 1.000 Euro. Das Mietobjekt sollte möglichst zentral gelegen sein oder zumindest U- oder S-Bahn in unmittelbarer Nähe haben.
Hinweise bitte an info@berliner-forum-religionen.de schicken.
Das Berliner Forum der Religionen wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa.
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