Zur Online-Fortbildung Palliativmedizin im interkulturellen Kontext hatten die Zentrale Anlaufstelle Hospiz des Unionhilfswerks und das Berliner Forum der Religionen im Rahmen ihres gemeinsamen Projekts Religionssensible Hospiz- und Palliativarbeit (ReHoP) am 07. und 14.05.2025 eingeladen.
Dr. med. Siavash Babak Tehrani definierte in seinem Vortrag Kultursensibilität als die Fähigkeit, kulturelle Unterschiede zu erkennen und zu respektieren. In Kleingruppen wurde anschließend anhand von konkreten Fallbeispielen über angemessene Handlungsoptionen diskutiert. Demnach braucht kultursensible Kommunikation Offenheit statt Annahme, die Familien als Partner und eine Reflexion der eigenen Haltung. Zudem ist es notwendig, sprachliche und emotionale Zugänge zu schaffen.
Dr. Mimoun Azizi konzentrierte sich in seinem Beitrag auf die Kommunikation am Beispiel der Notfall-Medizin für geriatrische Patient:innen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Seine Falldarstellungen fesselten die Teilnehmenden und lösten eine intensive Frage-und-Antwort-Runde aus.
Kultursensibilität, so Mimoun Azizi, basiert auf Herz, Verstand und Empathie.
„Wir sind nicht gleich, aber gleichwertig“ war eine Schlussfolgerung des ersten Abends.
Dr. Ali Özgür Özdil (u. a. Referent am Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) machte zu Beginn des zweiten Abends deutlich, dass sich Kultur- und Religionssensibilität auf die Betrachtung des Individuums bezieht. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um eine Frage der Haltung und Handlungsweise, die sich von stereotypischen Betrachtungsweisen löst.
Im Zentrum der transkulturellen Kompetenzen stehe immer die Interaktion.
Dipl. Psych. Fang Han (psychologische Psychotherapeutin, Psychoonkologin im St. Hedwig-Krankenhaus) konzentrierte sich in ihrem Beitrag darauf, wie Sprachbarrieren überwunden und Bedürfnisse verstanden werden können. Wie können wir als Team sensibel agieren? Manchmal ist es schon hilfreich, mit anderen die Trauer zu teilen und einfach da zu sein. Wie andere Akteur:innen im Hospiz- und Palliativbereich arbeitet auch sie mit den Brückenbauer*nnen zusammen. Mit ihrer Trance-Übung brachte sie eine reflektierende Komponente ein.
Die Sprachmittlerin Dr. Natalia Tilton ging auf die Herausforderungen ein, die im Arbeitsalltag bei der Kommunikation mit Patient:innen ohne Deutschkenntnisse entstehen können.
Mit Bezug auf die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland hob sie die Bedeutung einer individuellen Unterstützung unter würdigen Bedingungen hervor. Empirische Studien belegen jedoch, dass mangelndes Wissen um Angebote, Schwierigkeiten bei der sprachlichen Verständigung, Diskriminierungserfahrungen, Scham und Angst einer gelinden Behandlung im Wege stehen.
Häufig werde bei der Übersetzung auf zufällig anwesende Personen zurückgegriffen, wie die anderen Teilnehmenden auch bestätigten. Teilweise wird in Kliniken der Ansatz verfolgt, eine Telefonliste von Mitarbeitenden zu erstellen, in denen deren Sprachfähigkeiten abgebildet wird. Für Akutsituationen kann das hilfreich sein.
Professionelle Sprachmittlung erfahre allerdings häufig zu wenig Wertschätzung. Bei Krankenkassen finde sich dieser Dienst nicht im Leistungsplan wieder. Zudem fehle es in Deutschland an einer standardisierten Ausbildung wie etwa in Österreich und der Schweiz.
Ethik im kultursensiblen Kontext bedeutet, in komplexen Entscheidungssituationen reflektiert zu handeln auf der Basis von Autonomie, Fürsorge, Gerechtigkeit und Nichtschaden. Eine kultursensible Ethik habe sich an drei Leitfragen zu orientieren, so Dr. Tehrani: Was braucht dieser Menschen – medizinisch, kulturell, spirituell? Was ist für uns als Team verantwortbar? Wie können wir als Team gutes Handeln ermöglichen?
Rechtliche Rahmenbedingungen wie Patientenverfügung, Einwilligungsfähigkeit und Betreuungsrecht sind unbedingt zu berücksichtigen, aber Ethik geht oft einen Schritt weiter.
Die Teilnehmenden empfanden die Fortbildung als sehr interessant und wurden positiv nachdenklich bewegt. Die Möglichkeit für offenes Sprechen und der Raum für Reflektion wurde dankbar angenommen. Insbesondere die gemeinsame Arbeit an konkreten Fallbeispielen wurde als bereichernd empfunen. Wie können wir Brücken bauen und die kultursensible Beratung weitertragen? Mit dieser Fragestellung und Haltung verließen die Teilnehmenden die Veranstaltung.
Einige Mitwirkende der Online-Schulung stellen sich und ihre Perspektiven auf das Thema kurz vor.