Das unterschätzte Potential: Frauen als Friedensstifterinnen in den Religionen

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Marina Bäumer (Soka Gakkai International Deutschland), Christine Buchholz (Religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag), Prof. Annette Kreutziger-Herr (Christliche Wissenschaft), Prof. em. Angela Mickley und Iman Andrea Reimann (Deutsches Muslimisches Zentrum) diskutierten am 22.08.2019 über dieses Thema erneut unter der lebendigen Moderation von Dr. Thomas Schimmel.

In ihrem einleitenden Vortrag schöpfte Prof. Mickley aus ihrem reichhaltigen Fundus als Friedensforscherin und Mediatorin. Konkret berichtete sie von ihren Erfahrungen in Nordirland Ende der 70er Jahre, wo sie verfeindete Entscheidungsträger zusammenbringen und in ihnen die Erkenntnis reifen lassen konnte, dass es gemeinsame Werte gibt. Beeindruckend war ihre Schilderung von Frauen, die die aggressive Akzeptanz von Gewaltanwendung nicht mehr ertragen konnten und sich wünschten, dass sich ihre Kinder sorglos bewegen können. Diese Frauen gingen auf die Straße und haben – ganz wichtig – die Stimmung im Land verändert.

In der Diskussionrunde stellte Marina Bäumer die Soka Gakkai als reine Laienorganisation vor, in der sie gelernt habe Autoritäten nicht zu folgen, wenn diese die Würde des Lebens missachten. Ziel der Ausübung sei die menschliche Revolution. Durch das Chanten gelinge es, den Buddha in jedem Menschen zu entdecken. Jeder Mensch sei mit dem Wunsch nach Frieden geboren – nur müsse man sich gegenseitig daran erinnern. Bei Frauen erkennt sie, dass diese leichter Beziehungen aufbauen können.

Annette Kreutziger-Herr verwies auf den spirituellen Kern in jedem Menschen, der sich durch das alltägliche Leben ausdrücke. Im Berliner Forum der Religionen spüre sie diese Herz-zu-Herz-Beziehung. Auch die Christliche Wissenschaft kommt ohne Priesterschaft aus, konzentriert sich auf eine Veränderung des Denkens und das von Mary Baker Eddy gelehrte christliche Heilen. Daraus entstehe ein tiefes Vertrauen in die Menschen selbst. Eine Unterscheidung zwischen Frauen und Männern sei auch in ihrer Gemeinschaft kein Thema.

Iman Andrea Reimann steht dem Deutschen Muslimischen Zentrum vor, das 1989 aufgrund des Bedarfs nach deutschsprachiger muslimischer Arbeit gegründet wurde. Als besonderen Service für Frauen hob sie hervor, dass diese sich jederzeit z. B. mit familiären Problemen an die Gemeinschaft wenden können. Grundsätzlich herrsche ein gutes Miteinander von Frauen und Männern. Das DMZ sieht sie als Brückenbauerin in die Gesellschaft.

Christine Buchholz betonte aus politischer Sicht, dass Frauen nicht per se friedlicher seien. Allerdings sei die Rolle von Frauen in Friedensprozessen sehr fruchtbar, wenn deren Erfahrungen mit einbezogen werden.

In der Abschlussrunde wurde auf spezifisch weibliche Herangehensweisen eingegangen. Diese setzen schneller um und versachlichen weniger. Wichtig sei, dass Frauen ihren Selbstwert erkennen, ihre Rechte annehmen und nicht erst von Männern einfordern. Eine Gesellschaft kann sich nur entwickeln, wenn sich alle entwickeln.

Wie auch die vorangehenden Abend schloss dieser mit vielen lebhaften Gesprächen bei Speis und Trank.